Sonderausgabe 2 - Mietrechtliche Auswirkungen des 4. COVID-19 Gesetzes


1. Kündigungsschutz für Wohnungen bei Mietzinsrückstand mit den Mieten April, Mai, Juni 2020   

Gilt nur für alle Wohnungsmieten (ABGB oder MRG – also Einfamilienhäuser, Alt- und Neubauwohnung etc), allerdings nicht für Geschäftsräume und nicht für Pachtverträge.

Mieter ist als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt und gerät in Zahlunsgschwierigkeiten beim Mietzins April und/oder  Mai und/oder  Juni 2020. Das kann etwa bei Kündigung wegen Corona der Fall sein, bei Entgeltausfall wegen Betretungsverbot oder Quarantäe uä. Beweislast beim Mieter.

Folgen:

1. Keine Kündigung

  • Werden Mietzinszahlungen (Hauptmietzins oder Untermietzins), die vom 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 fällig werden, nicht (vollständig) gezahlt, darf der Vermieter allein wegen dieses Zahlungsrückstandes  den Mietvertrag weder kündigen noch dessen Aufhebung nach § 1118 ABGB fordern.  Bestehen (auch) Rückstände aus anderen Monaten, kann weiterhin gekündigt werden.  Eine Kündigung wegen Säumnis des Mieters mit der Zahlung des Mietzinses etwa für Februar 2020 oder für September 2020 wird von der Beschränkung nicht erfasst.
  • § 33 Abs. 2 und 3 MRG, wonach der säumige Mieter die Kündigung oder Vertragsauflösung noch durch Zahlung des Mietzinsrückstands während der Verhandlung in erster Instanz abwenden kann, sofern ihn am Zahlungsrückstand kein grobes Verschulden trifft, besteht aber weiterhin, und wird va bei Rückständen auch nach Juni 2020 zu prüfen sein.
  • Eine Kündigung, die sich nur auf einen Rückstand der Mieten April, Mai, Juni 2020 stützt, ist erst  ab 01.07.2022  möglich (In Kraft treten 01.04.2020, außer Kraft 30.06.2022 (§ 17). Wenn also der Mieter den im zweiten Quartal 2020 entstandenen Zahlungsrückstand nicht bis zum Ablauf des 30. Juni 2022 vollständig entrichtet, hat der Vermieter ab 1. Juli 2022 das Recht, eine Kündigung des Mietvertrags oder eine Klage auf Vertragsaufhebung auf diesen Rückstand zu stützen.

2. Rückstand kann nicht eingeklagt werden

Der Rückstand 01.04. bis 30.06.2020 darf bis 31.12.2020 auch nicht gerichtlich eingeklagt oder aus der Kaution abgedeckt werden.

Verzinsung: Die Mieten April 2020 bis Juni 2020 werden fällig, nur die Klagbarkeit wird temporär ausgesetzt. Verzugszinsen entstehen somit ab Fälligkeit, werden vom Gesetz aber auf 4 % beschränkt (auch wenn im Vertrag höhere Zinsen vereinbart wurden).

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2. Verlängerung von befristeten Wohnungsmietverträgen

Es wurde eine temporäre und ausnahmsweise Möglichkeit zur Verlängerung von Wohnungsmietverträgen auf eine kürzere Zeit als die Mindestdauer von sonst drei Jahren geschaffen. Voraussetzungen:

  • Befristeter Wohnungsmietvertrag
  • Ablauf der Befristung nach dem 30.03.2020 und vor dem 01.07.2020
  • Schriftliche Verlängerung (Unterschrift von Mieter und Vermieter) bis maximal 31.12.2020

Zieht der Mieter ohne schriftliche Vereinbarung nicht aus, gilt der Mietvertrag (wenn die Befristung das erste Mal ohne Rückstellung abläuft) einmalig als auf drei Jahre erneuert. Achtung: Die Verlängerung muss schriftlich erfolgen - in Zeiten von Corona besonders unglücklich gestaltet. Es bietet sich an, die einseitig unterzeichnete Fassung per Post zu senden und den Mieter aufzufordern, diese zu retournieren. Gescannte Dokumente via E-Mail sollten ausreichen, der OGH hat dies aber bislang nicht bestätigt, der sichere ist daher Übersendung per Post. Erklärungen per E-Mail sind jedenfalls nicht ausreichend.

Es bietet sich als bessere Alternative an, vor Ablauf des Vertrags einen Übergabeauftrag gemäß § 567 ZPO einzubringen und mit der Durchsetzung dann faktisch eine Zeit zuzuwarten. Dadurch verlängert sich jedenfalls der Mietvertrag nicht und die Räumung kann binnen 6 Monaten exekutiv durchgesetzt werden.

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3. Erleichterte Aufschiebung der Räumungsexekution

Räumungsexekutionen können eingebracht werden, es gibt aber erleichterte Aufschiebung zu Gunsten der Mieter. Dem Mieter kann ohne Sicherheitsleistung und ein Aufschub für maximal sechs Monate gewährt werden.

Voraussetzungen für Aufschiebung:

  • Antrag des Mieters bei Gericht
  • Wohnung ist zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Verpflichteten und der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen unentbehrlich.

Abwendung der Aufschiebung durch den Vermieter:

  • Die Räumung ist aber aufzuschieben, wenn sie zur Abwendung schwerer persönlicher oder wirtschaftlicher Nachteile des Vermieters unerlässlich ist.
  • Abzuwendende persönliche Nachteile können nach den erläuternden Bemerkungen etwa vorliegen, wenn dringender Eigenbedarf des Vermieters oder eines Angehörigen besteht. Ein relevanter wirtschaftlicher Grund kann zum Beispiel darin bestehen, dass der betreibende Gläubiger die Wohnung bereits weitervermietet hat und er dringend auf die  ietzinseinnahmen angewiesen ist.
  • Um dies zu klären, ist eine Äußerung des betreibenden Gläubigers einzuholen. Es gibt aber keinen Kostenersatz zwischen den Parteien.

 Fortsetzung der Räumungsexekution nach Aufschub

  • In den ersten drei Monaten:
    • nur wenn die Voraussetzungen beim Mieter (dringendes Wohnbedürfnis) weggefallen sind und
    • es einen Antrag des Vermieters gibt, sobald die zur Verhinderung der  Verbreitung von COVID-19 getroffenen Maßnahmen, auf grund derer die Bewegungsfreiheit oder der zwischenmenschliche Kontakt eingeschränkt ist, aufgehoben wurden (derzeit 30.4.2020)
  • Nach 3 Monaten:
    • Auf Antrag des Vermieters gibt, sobald die zur Verhinderung der  Verbreitung von COVID-19 getroffenen Maßnahmen, auf grund derer die Bewegungsfreiheit oder der zwischenmenschliche Kontakt eingeschränkt ist, aufgehoben wurden (derzeit 30.4.2020)
  • Von Amts wegen spätestens sechs Monate nach Bewilligung der Aufschiebung.
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4. Verschiebung der Fälligkeit von Zahlungen bei Kreditverträgen

Für Verbraucherkredite und Kredit von Kleinstunternehmen (Kleinstunternehmen sind Unternehmen, die weniger als 10 Personen beschäftigen und deren Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz EUR 2 Millionen nicht übersteigt) wurden Erleichterungen beschlossen:

Voraussetzungen:

  • Verbraucherkreditverträge oder Kredite von Kleinstunternehmen
  • Abschluss vor dem 15.03.2020
  • Zahlung nicht zumutbar infolge der außergewöhnlichen Verhältnisse durch COVID-19 („angemessener Lebensunterhalt“ wird gefährdet)

Folgen:

  • Ansprüche des Kreditgebers (des Kreditinstituts) auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen 01.04.2020 und 30.06.2020 fällig werden, werden auf die Dauer von drei Monaten gestundet
  • Zahlungen sind gesetzlich gestundet, daher tritt auch kein Verzug ein und fallen keine Verzugszinsen an.
  • Vertragslaufzeit verlängert sich automatisch um 3 Monate, Fälligkeiten werden um diese Frist hinausgeschoben-

Die Regelung kann natürlich auch nicht in Anspruch genommen, und die Zahlungen weiterhin wie bisher geleistet werden (oder es kann eine Einzelregelung mit der Bank getroffen werden). Die Inanspruchnahme hängt von der Unzumutbarkeit der Fortzahlung im Einzelfall ab. Praktisch werden vermutlich die Banken vielfach ohne Prüfung im Einzelfall eine Stundung akzeptieren, es ist aber zu empfehlen, die Bank zu informieren, und eine Regelung im Einzelfall zu vereinbaren, um gar keine Diskussion aufkommen zu lassen. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass die Unzumutbarkeit im Einzelfall auch bestritten werden wird.
 
Wir sind auch weiterhin jederzeit für Sie erreichbar und unterstützen Sie bei Ihren persönlichen rechtlichen Herausforderungen in der gegenwärtigen Situation.

Herzliche Grüße
Daniel Richter  - rebels